Am letzten Wochenende hatten wir hier Open House und ich sass auf der Terrasse och genoss es hier schon angekommen zu sein und schaute mir die Völkerwanderung an. Ein Mann setzt sich zu mir – kommentarlos – ich denke Frau sollte glücklich sein, die „Auserwählte“ zu sein, oder? Er begann sofort mich vollzuquatschen. Ich kenne das: nach meiner Scheidung habe ich einige Männer getroffen und das Muster war überall gleich. Bahn frei für seinen Monolog. Dieser Herr ebenso, in kürzester Zeit wusste ich alles über sein Wohnverhältnis, über seine Krankheiten – okey, ich hätte auch etwas beitragen können, aber dazu kam ich nicht – und über die Welt an sich. Ich bin ja eigentlich wohlerzogen und konfliktscheu – ja, ich weiss, das glaubt man nicht manchmal, sorry – aber ich habe ihn dann auf den Pott gesetzt und ihm gesagt, was wir Frauen von Männern halten, die glauben, dass sie die Weisheit des Lebens mit Riesenlöffeln gefüttert haben und dass wir nur dazu da sind, um „ah“ und „oh“ vor Bewunderung zwischendurch zu säuseln. Ach war das ein schönes Gefühl – könnte ich öfters haben.. Ausserdem hatte er einen fusseligen Bart und eine Anglerweste an – so nenne ich diese beigefarbenen Rentnerwesten mit 5000 Taschen, die ältere Herren allzu gerne tragen – und wer findet so einen anziehend.. Nee, da bleibe ich lieber alleine und mir bleibt der Monolog erspart!
Also gut, ich werde aufhören über das Essen zu meckern – oder wenigstens gebe ich mir Mühe – denn eine mir sehr liebe aber auch sehr strenge Freundin hat mir aufgetragen, entweder selbst zu kochen, wenn es mir nicht schmeckt – Herr gib mir Mässigung, ich habe meine Leben lang gekocht nu isses aber Schluss – oder die Schnauze zu halten. Liebe Solweig, ich versuche es Dir zu versprechen und habe Dich ganz doll lieb:-) Heute kam der neue Küchenchef und erkundigte sich, ob es uns gemundet hätte und heute war es wirklich gut so dass wir einen glücklichen Küchenchef wieder in die Küche schicken konnten. Vielleicht gibt es doch Hoffnung?
Ansonsten rollen wir unsere Rollatoren hin und zurück, sagen höflichst 100 x am Tag Guten Morgen, Guten Tag, Guten Abend und Gott sei Dank ist das Wort
MAHLZEIT
hier nicht erwünscht.. Wir sind ja nicht in der Kantine beim Bürgeramt, oder? Wenn ich sehe wie schwach und zerbrechlich manche sind, kommen mir doch dunkle Gedanken. Wie wird es enden? Ich würde mir so gerne so einen Tod wie in Stockholm wünschen, als ich beim Leckeressen einen Herzstillstand hatte. Nein, mein geliebtes Enkelkind wenn Du das hier liest, mormor hat es NICHT vor, ich muss doch sehen was Du noch im Leben so anstellst. Versprochen!! Ansonsten enden wir eher unter der Hitze – heute ist wieder so ein heisser Tag und wir warten auf die Kälte. Ich habe schwere Bedenken was meine Winterkleidung angeht – ich habe hier fürchterlich zugenommen und wenn Ihr eine Frau wie das Michelinmännchen auf der Strasse seht, das bin icke!!
Ich hätte gestern den Küchenchef abknutschen können, als wir gestern bei 35 Grad (gefühlt wie 60 Grad..) zur Auswahl auch eine kalte Gaspachosuppe bekamen – geht doch! Meine Euphorie wurde danach etwas gedämpft, es folgten kleine bleiche Hasenknöttel die in der Konsistenz schwer an Sägespänen erinnerten. Ich weiss, das war lieb und gut gemeint, aber das tut mir weh, denn ich habe gelernt, wie toll man fleischlos kochen kann. Nun gut, ich habe die Knöttel zur Seite geschoben und eine doppelte Portion gekochte Morrüben bekommen – ist ja auch gut und ausserdem gut für die Nachtsicht – prima!
Heute 33 Grad und NEIN keine heisse Suppe – ich wurde gehört!! Es gab eine Kaltschale!! Ja, eine Kaltschale… Danke lieber Herr Küchenchef, das hat mir heute das Leben gerettet, danke!! Macht mir Hoffnung auf unser gemeinsames Leben hier..
Das war Ihr hier seht, ist das, was ich heute gerne zum Mittagessen gehabt hätte, aber es kommt manchmal/oft anders hier im Leben als man hofft.
Es sind draussen 32 Grad im Schatten, die Welt, naja, diese kleine Welt hier, stöhnt und schwitzt und ich verbringe mein Leben unter der Dusche.. Und dennoch gehen wir fröhlich wie die Opferlämmer zum Mittagessen und was sehe ich: EINE HEISSE SUPPE!! Ich weiss, der Küchenchef muss lange im voraus planen, aber es ist schon ziemlich lange schon sehr heiss. Auf mein Stöhnen hin bekomme ich zu hören
„dass es Samstags IMMER eine Suppe gibt“.
Vor solch einer Logik muss Frau ja einknicken.. Zu Hause (ach nee, in meinem früheren Leben..) hätte ich heute einen schönen Salat gemacht und ja, ich weiss, im Süden laufen alle Frauen in langer schwarzer Kleidung herum, in manchen Ländern noch dazu mit langen Handschuhen und trinken heissen Tee und es heisst, das wäre super gegen die Hitze. Es gibt aber Sachen im Leben, die ich bezweifle und dies gehört dazu. Der süsse Ober zaubert mir einen Teller mit etwas Kartoffeln, äusserst nahrhafte Tütensosse dazu und 4 kleine Rosenköhlchens. Da ich bei der Hitze eh keinen Hunger habe, ebbte mein Protest schnell ab aber lieber herr Küchenchef, wir sollten uns mal über Hitze und Essen unterhalten, ich hätte da einige Vorschläge… Nichts für ungut!
Heute ist Sonntag, es herrscht eine Trägheit und Ruhe hier im Heim, man schlürft zum Briefkasten, um die Sonntagszeitung zu holen und schlürft zurück. Naja, an den Wochentagen sind wir ja auch nicht so irre viel aktiver, wir haben ja schon (fast) alles im Leben erledigt. Sonntags herrscht aber auch eine unbeschriebene Etikettregel, man brezelt sich etwas auf so dass ich meine Jeans ausgezogen und statt dessen ein anständiges Kleid hervorgeholt habe. Ich fürchte aber, dass ich auch mit dem Kleid etwas aus dem Rahmen falle und nicht so richtig hineinpasse, so what. Heute am Sonntag bekomme ich als nicht-Fleischesserin (war ein etwas aufwändiger Kampf um das hier durchzusetzen, scheint ungewöhnlich zu sein, dass man kein Fleisch mag..) immer meinen Gemüseteller mit Gemüse. Die Sache mit al dente ist an unserem Heim vorbeigegangen aber ich bin froh und dankbar, dass ich Gemüse bekomme statt den Sonntagsbraten, der sich mit nahrungsreicher Sosse umgibt. Danach ist die Sonnenterrasse voll von Kindern und Enkeln und ich schiele etwas neidisch dahin aber ich habe ja auch Glück – ein Enkel, der fleissig Schwedisch lernt, weil er später dort studieren möchte, kommt und ich habe Kuchen gebunkert, damit das arme Kind (naja der arme Halbwüchsige) nicht vom Fleische fällt. Freue mich darauf!
Liebe Angela, heute bin ich mit der Welt wieder im Reinen - es ist heiss und ich geniesse es so…