Noch ein Tag – die Sonne scheint, als würde sie alle umbringen wollen. Es wird heiß werden, heute vielleicht nur 259+ aber am Wochenende soll es kühler werden. Was jammere ich? In der Provence sind es 46 Grad.. Puh, dieser Tag wird ein „vergeudeter“ Tag, denn für alles ist es zu heiß. An den See fahren und baden? Schon der Gedanke daran, dass ich erst ewig vor der Kasse anstehen muss (weil ich mich immer noch nicht daran gewöhnt habe, dass ich die Eintrittskarte online bestellen kann.. das habe ich nun davon..), eingequetscht zwischen klebrigen Gummiringen und Luftmatratzen nachdem ich eine halbe Tageswanderung von der S-Bahnstation überlebt habe. Ach, früher hatte ich doch ein Auto.. Und da meckerte ich darüber dass es keinen Parkplatz gab und habe das Auto einfach irgendwo „abgestellt“ und der Ticket an der Scheibe war bombensicher am Abend.. Also was bleibt? Zu Hause bleiben, die Markise auf Max-Position stellen und alle Türen aufmachen damit es ein Durchzug gibt. Aber sollte ja nicht klagen – muss bei der Hitze nicht arbeiten. Wir haben ja auch einen (Drinnen-oder sage ich liebe in-door? Hört sich doch flotter an ) Pool hier im Altersheim und wäre es nicht super mit einem Außen-out-door-pool? Jetzt wo die Klimakatastrophe ständig an der Tür klopft und es laut klugen Köpfen nicht 5 vor 12 sondern 5 nach 12 ist? Aber mit Sichtschutz bitte denn wir hier entsprechen sicherlich dem aktuellen – ja eigentlich gar keinem – Schönheitsideal mehr…. Bei dem Gedanken an das Rollator-Rally morgens, um mit dem Handtuch den besten Platz zu ergattern, muss ich doch kichern..
Heute haben wir 35 Grad im Schatten in Berlin. Die Hitze liegt wie eine Glocke über der Stadt und erdrückt uns. Aber dennoch haben wir etwas Hunger so gegen Mittags. Alte Leute lassen sich nicht durch Hitze von Essen abhalten – pah! Was es wohl heute gibt? Ihr werdet es nie erraten: eine heisse Suppe… Ich weiss, der Küchenchef plant lange im voraus und weiss ja nicht immer wie das Wetter wird – aber irgendwie ist es ein ziemlich unglückliches Zusammentreffen. Ich habe Glück gehabt – als Vegetarierin bekomme ich etwas anders, was der Hitze besser angepasst ist.. Mein Glück…
War drei Tage im Krankenhaus, man wollte mich auf den Kopf stellen und untersuchen, warum ich mich so oft einfach platt hinlege. Noch warte ich auf das Ergebnis und bemühe mich, mich aufrecht zu halten. Ich hatte ein Doppelzimmer mit einer sehr netten jüngeren Frau – das Problem war aber unsere Klimazonen. Es war zu der Zeit h e i s s in Berlin (wenn es in Berlin heiss, dann kocht Berlin, in echt..), die Meterologen im Fernsehen drohten uns damit, dass wir tropische Nächte bekämen und ja, wir hatten tropische Nächte. Aber sowas von.. ich hatte – für den Fall – ein einfaches Laken bekommen. Ich wollte Fenster und Tür aufmachen, so dass wir Durchzug haben könnten. Aber nee, meine reizende Nachbarin hatte eine total andere Klimazone. Fenster zu, Tür zu – Bom – und lag eingerollt in der DICKEN Decke…. Ich musste mal nachschauen, ob sie überhaupt noch lebte.. Atmet sie noch überhaupt? ich lag ohne Laken und rutsche vor Schweiss im Bett hin und her. Sollte ich im Sommer nochmal ins Krankenhaus müssen – dann spendiere ich mir ein Einzelzimmer!
Sitze mit meiner Altersheimkumpeline auf der Bank vor dem Haus. Die Sonne scheint genau richtig, ein warmer, zärtlicher Wind streichelt unsere faltigen Gesichter, die Lilien duften und wir reden über das Thema, das uns doch brennend interessiert – der Tod..
Wir sind uns einig, dass wir nicht wie eine welke Porreestange im Bett liegen möchten – auch nicht unwelk – um zwischendurch mit dem Bett vors Haus geschoben werden, damit man nicht vergisst was Luft ist. Wir wollen nicht da liegen und unsere aller liebsten Menschen nicht erkennen und wir fangen an, die Methoden durchzuarbeiten: Schlaftabletten (die kotzt man eh wieder hoch), sich in den Schnee legen und erfrieren (ich bin ja so eine Frostbeule..), vor die Bahn hüpfen, aber in unserem Alter wird nicht mehr so richtig gehüpft und was mache ich mit meinem Rollator..
Wir können uns nicht entscheiden, lehnen uns zurück und geniessen die Sonne und gehen dann zum Mittagessen. Das Projekt muss noch etwas warten…
Letztens wollte ich ins Bett gehen und schlafen und stellte fest, dass meine Wände wie verrückt rotierten und, dass alles sich im Zimmer mit einer beachtenswerten Schnelligkeit drehte. Ich habe das schon mal gehabt (na, was habe ich n i c h t gehabt?) und das nennt sich TIA und ist ein Vorbote für ein Schlaganfall. Also klingelte ich auf meinem SOS-Telefon und ein bezauberndes kleines Wesen erschien und fragte besorgt, was los sei und da ich wohl nicht in so einer Supververfassung war, rief sie nach dem Krankenwagen. Hier ist man nicht so zurückhaltenden damit, ich denke, ich müsste wenigstens den Kopf unter dem Arm tragen oder ein bisschen sterbend sein, aber man verliert mit der Häufigkeit mit der man die Nummer wählt die Scheu.
Ich hatte nur ein T-shirt und Unterhose an und fand meine Kleidung nicht adäquat für flotte junge Sanitäter und bat mich anziehen zu dürfen aber das wurde mit einem klaren NJET beantwortet, ich müsste ganz still und ruhig liegen bleiben. Kann ich verstehen, macht ja keinen Spass die Reste von mir zusammenzufegen. Aber ich durfte wenigstens den Bademantel anziehen. Die flotten Jungs kamen, rollten mich in den Krankenwagen und ab ins Krankenhaus. Dort lag ich dann und ich glaube ich habe einige Runden immer wieder geschlafen und war über meinen Bademanten sehr dankbar. Nach allen Proben stellte sich heraus, dass es kein TIA, war sondern dass die Wände nur beschlossen hatten, zu tanzen.
Ich wurde entlassen und ging aus dem Krankenhaus hinaus und stand etwas verloren dort. In Bademanten und Schlüffkes.. Ich war sehr dankbar dafür dass ich nicht in Unterhose und T-shirt da stehen musste. So ein 79-jähriger Körper ist ja nicht so unbedingt sehenswert..Okey, es war ja 3 Uhr nachts und kein grösserer Publikumsansturm, aber so ganz super fand ich das nicht. Ich rief ein Taxi, denn die Vorstellung mit dem Bus im Bademantel und Schlüffkes zu fahren, fand ich doch nicht so toll, obwohl hier in Berlin wahrscheinlich kein Mensch schaut, sonder eher denken „Schon wieder eine durchgeknallte Renterin“ würde. Der Taxifahrer schaute doch etwas unsicher und dacht wahrscheinlich, dass ich mich im seinem Auto übergeben würde – was ich freundlicherweise NICHT tat.
Und nun habe ich auch gelernt, dass ich nach dem Umzug von meinem Favoritenkrankenhaus, das Bundeswehrkrankenhaus, so weit weg wohne, so dass die Krankenwagenfahrer mich leider nicht mehr dort hinfahren. Das Krankenhaus ist nicht nur medizinisch hervorragend, es gibt dort ein Augenschmaus für die Augen (klar für die Augen, es heisst ja auch Augenschmaus..). Die jungen Ärzte tragen ihre Uniforme statt Kittel und sehen ganz reizend aus. Als ich letztens dort im Koma lag und gerade aus dem Koma geholt wurde, kam der Chefarzt mit einem Haufen Studenten im Schlepptau. Ich wachte kurz auf, sah den Mann und sagte „Mein Gott, sind Sie ein schöner Mann“. Die Studenten haben gekichert und er hat souverän „Vielen Dankt“ gesagt und sich wahrscheinlich überlegt, dass die alte das nächste Mal nicht so viel Narkose bekommen soll…
Liebe Angela, heute bin ich mit der Welt wieder im Reinen - es ist heiss und ich geniesse es so…