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Sein oder nicht sein..

Heute traf ich endlich die Nachbarin, die ich ansonsten rückwärts sitzend mit Karacho in den Speisesaal schiebe. Das heisst, s i e sitz rückwärts, nicht ich.. Wir düsen an der Rollatorkaravane vorbei und heute gab es ja auch das Salatsbuffet och da ist der Run größer als sonst aber die anderen weichen respektvoll zur Seite wenn wir vorbeidüsen, um auch hier den pole position einzunehmen. Wir sind die Sieger!! Ich habe sie gefragt, ob es ihr gut ginge und ja, das tat es. Gott sei Dank! Es ist nicht so selbstverständlich, dass man sich hier immer wiedersieht. Der Krankenwagen hält öfters vor der Tür und ich nehme an dass das schwarze Auto, das die Särge holt, rücksichtsvoll in die Garage fährt. Wir wollen es ja nicht so genau wissen obwohl wir alles wissen, dass wir auch mal dran sind aus der Garage verfrachtet zu werden.

Ich hätte ja nie gedacht, dass man sich an das Wohnen hier gewöhnen könnte. Ich komme aus einem jungen, lebhaften, Kiez und nur mit „alten Leuten“ umzugehen? Mann och Mann, ich werde ja selbst demnächst 80.. also wer bin ich zu lästern.. Ich habe hier viele Menschen kennen gelernt, die klug, erfahren, witzig sind und mit denen man sich wunderbar unterhalten kann. Klar, es gibt auch die „Griesgramen“ die nie grüssen, lächeln oder was sagen, wenn ich an ihnen vorbeidüse (soweit ich das kann, aber im Vergleich bin ich schon schneller..). Was es alles für Schicksale gibt! Und dazu kommt das Personal, das ausgesprochen höflich und zuvorkommend ist, so dass sogar kleine ich aus dem Kiez Gesundbrunnen mich wie im Luxusland fühle..

I

Worst case

Heute morgen ist mir das nun endlich passiert, wovor ich ich seit meinem Umzug am 27.3.2023 Angst hatte – ich habe eine GANZE Tasse Kaffe ausgekippt. Erst lief der Kaffe auf dem Tisch, dann wollte er unbedingt unterhalb der grossen Glasplatte, die ich darauf gelegt habe, weil der Tisch antik ist und weil wenigstens der Tisch mich überleben sollte. Dann floss der Kaffe wie die Niagarafalls – na wohin schon? Auf den fast WEISSEN Teppichboden! Über das Verlegen von weissen Teppichböden in Altersheimen, in denen wir mit zitternden Händen Flüssigkeiten transportieren, können wir ja mal auch diskutieren. Bis jetzt bin ich mit fester Hand durch das Zimmer geschritten, Höllenangst dass der Rotwein überschwappt. . Auch ein Grund um damit aufzuhören.. ist eh ungesund.. Das habe ich nun davon.. Vom Hausmeister Tip dass ich mit Pril rubbeln soll, von anderen dass ich mit Blubberwasser das tun soll. Jetzt ist alles noch nass und zittere davor, wie es aussieht, wenn es trocken ist.

Meine lieben Töchter, meine Erben, diejenigen die nach mir hier aufforsten müssen – ES TUT MIR SEHR LEID!! Aber wieviel Karottensaft und Karottenbrei habe ich nicht früher versucht, aus dem Teppichboden zu rubbeln (ja damals hatte man Teppichboden.. dachte dass sowas ausgestorben ist, aber nee..)

Es riecht ein bisschen nach Spätsommer..

Also ich bin der Meinung dass es heute schwerst nach Spätsommer draussen riecht und das finde ich nun mal gar nicht gut. Sommer, singst Du schon den letzten Vers? Verdammt, ich habe den Sommer noch nicht so richtig wahr genommen, obwohl ich unter der Hitze genug gestöhnt habe, aber nun, so pang-bom, mir nix, dir nix?? Ich habe heute einen richtig produktiven Tag gehabt, bin wie ein geölter Blitz (naja, ein bisschen geölt und noch weniger Blitz) den Waschkeller hoch und runter gelaufen und habe (unsozial wie ich nun mal bin..) alle Maschinen in Beschlag genommen. Wir haben auch (Luxus!) Trockner und die Handtücher werden so soft und weich und ich denke an meine alte Wohnung – dort gab es keinen Trockner und die Handtücher waren Superersatz für Hard-Core-Peeling und nun ist Peeling also finito. Ich habe auch die Ablage gemacht und wenig macht mich glücklicher als wenn ich sehe, dass der Korb leer ist – um bald wieder zu einer gefährlichen Höhe zu wachsen. Also auf in die nächste Woche – habe eine lange to-do-Liste damit ich nicht depri herumirre und nach Spätsommer schnuppere..

Heutiges Gefühl

Heute fühle ich mich als würde ich in einer Sardinendose liegen – nur leider nicht wie hier auf dem Bild mit einem lieben Menschen – aber bei der Hitze wäre das eh zu heiss und zu eng..

Finito als Köchin

Seit ich hier im Heim wohne ist meine „Karriere“ als Köchin jäh beendet. Wir bekommen nämlich Mittagessen hier sozusagen inklusive. Man hat das sicher so gedacht, damit wir Alten aus unseren weichen Sesseln kommen und wenigstens einmal am Tag sich unterhalten. Wenn man nicht kommt muss man sich abmelden und wenn das auch nicht passiert ist, dann marschiert die „Notfallgruppe“ mit der Blauen Katastrophenlampe auf dem Kopf in Deine Wohnung um zu schauen, ob Du da irgendwo rumliegst. Eigentlich ein guter Gedanke finde ich.

Und seitdem ich hier wohne ist nix mit kochen. Ausserdem ist meine Küche minimalistisch und wenn ich einen Löffel dort ablegen möchte, muss ich erstmals alles neu ordnen. Als die Kinder noch zu Hause wohnten kamen sie aus der Schule und snifften schon an der Tür und es war Daumen hoch für Pasta, Daumen sowas von runter für Ilja Stroganoff. Man schlürfte so willig oder nicht willig sein Essen und keiner sagte was. Jetzt sagen beide Töchter dass ich damals supertoll gekocht habe und ich kann es nicht glauben – hätten sie doch ihrer alten Mutter damals eine grosse Freude gemacht.. Aber das ist wohl auch unter Pubertät zu sortieren..

Nun, da ich hier das Essen bekomme, esse ich es auch, manchmal etwas zähneknirschend. Das Restaurant bekommt sicher keinen Michelinstern, man frottiert sich in dicken Mehl-Saucen, alles ist paniert, das Gemüse so weich, dass ich es schlürfen könnte und dabei habe ich noch alle meine Zähne. Echt! Ich habe natürlich promt zugenommen und es bewegt sich nichts nach unten. Nachdem ich einen langen Kampf hatte weil ich aus meinem Teller nicht das Fleisch wegpulen wollte – jetzt endlich ist es angekommen dass die Meckertante KEIN Fleisch ist (und schauen sie mich nicht etwas seltsam an, oder??) – und nun rüste ich für ein Essen ohne Panade und dicke Mehlsossen und für Gemüse mit Biss.. Aber vielleicht bin ich wirklich eine Meckertante, die anderen schlürfen ja brav ihr Essen..