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Mein Modewort des Jahres

Heute Nacht konnte ich nicht sitzen, nicht liegen, es war nur ein Gestöhne und Gejammere bis ich endlich entschloss, doch ins Krankenhaus zu fahren obwohl ich den Kopf nicht unter dem Arm trug.. Die Krankenhäuser hier in der Nähe habe ich schon ”durch” und als vor einer Weile dort aufgenommen wurde, weil einige Untersuchungen gemacht werden sollten und nach 5 Tagen immer noch nichts getan war und ich meine Tasche packte und nach Hause fuhr, habe ich tief ins Geldbeutel gegriffen und bin mit dem Taxi in mein Lieblingskrankenhaus gefahren, das Bundeswehrkrankenhaus, das ziemlich weit weg von mir liegt.

Ich kam sofort ran – oh Wunder – (und wurde auf einer herrlich weichen Liege mit einer kleinen Decke gebettet, ach welche bezaubernde Engel..) und der junge Arzt, der Swiegermuttertraum, untersuchte und untersuchte, schaute auf das Sonobild – mein Gott, dort sieht man ja doch nur Monster und Wolken – seuftze, holte den ersten Kollegen, dann seuftzen beide, holten den dritten Kollegen und dann fiel das Uhrteil und mein Modewort

Maligne Raumforderung..

Ist das nicht ein wunderbares Wort? Hört sich doch wie eine Möbelmarke oder Waschmittel mit Aprilduft an und darunter kann man die kleine fiese maligne Raumforderung gut tarnen, macht alles doch viel einfacher. Jedenfalls bekam ich die Aufforderung zu meinem Onko zu gehen und das tue ich auch und hoffe, dass ich – wie bisher immer – wie das Spiralköpfchen aus der Dose wieder ploppen lassen kann.

Ist das nicht ein wunderbarer Ausdruck für den ganz normalen ollen Krebs? Maligne Raumforderung… Wunderbar, hört sich doch super an. Wie eine Möbemarke oder sanftes Waschmittel mit Aprilduft… Ich hatte ja gedacht, dass ich mit meinem Husten eine Rippe ”zerhustet” hatte, so fühlt es sich an, aber nein, er sah ganz ”spannende” Sachen. Mit der Aufforderung zu meinem Onkologen zu gehen, durfte ich das Etablissement verlassen. Der junge Arzt, ein Schwiegermuttertraum, streichelte mein Bein kurz, seufzte, schaute mir tief in die Augen und wünschte mir alles Gute. So und nun warte ich darauf dass mein niedergelassener Onko sich meldet und mir sagt, ”ach gute Frau Stickler, alles paletti, ist nur eine geprellte Rippe denn man weiss ja, dass das Gebälk mit der Zeit morsch wird.” Mal sehen sagt die Steh-auf-Frau..

Lebe noch!

So da bin ich wieder, lebe noch! Habe mich lange nicht gemeldet, weil ich so viel Arbeit auf dem Tisch hatte und ich gehöre zu den ineffektiven Leuten, die keine Ruhe lassen können, so lange wie da was zu tun ist.

Inzwischen ist Weihnachten ins Heim eingezogen. Unsere Engel in der Rezeption haben das Haus so geschmückt, dass einem das Herz aufgeht. Mir ist schon bange, wie leer es wirken wird, wenn alles wieder weg ist. Es glitzert und leuchtet überall. Es wird gefeiert, Waffeln werden gebacken (riecht allemal besser als der Kohl der heute durch das Haus zog..).

Wir hatten auch eine Weihnachtsfeier, d.h. wir hatten zwei, denn wir müssen in zwei „Mann/Frauschaften“ feiern. Es war wie im Fernsehen auf dem Kreuzfahrschiff, plötzlich geht die Tür auf und wirklich das gesamte Personal – von Gärtner zu den Rezeptionsdamen – marschiert mit den Weihnachtstellern hinein. Der Sekt fliesst und die Damen (wir sind ja zu 80 % Frauen hier) haben sich in den feinstem Kleidern ausgeputzt, glitzernder Schmuck wurde angelegt (wir sind ja schliesslich im „feinen“ Heim..) und ich denke darüber nach, dass ich früher, wenn ich sowas gesehen habe, gedacht habe „mit mir nicht, niemals“ und nun sitze ich doch im Altersheim und schlürfe meinen Sekt – aber ich habe keine Goldketten angelegt und habe auch kein Glitzerkleid Frohe Weihnachten!

Miniwohnen

Ich lerne immer noch dazu – ich zog von 200 qm in 56 qm und dann in 36 qm (und wie gross ist der Sarg? 1 qm?? Aber da muss ich ja nix mitnehmen, es heisst ja, dass das letzte Hemd keine Taschen hat.. auch nicht für einen klitze kleinen Taschentuch??) und was ist meine liebste Beschäftigung? UMZURÄUMEN in der Hoffnung, dass ich etwas Platz ergattern kann oder, dass ich die Sachen besser stapeln kann. Nun wohne ich seit einem halben Jahr hier und immer noch bewegt sich der Inhalt meiner Schränke in einem ständigen Zirkel. Manchmal denke ich, hatte ich die schwarzen Pullover nicht schon mal da??

Ich habe das grosse Glück gehabt, einen Kellerraum zu bekommen. Ständiges Nachfragen bis die Damen wohl gesagt haben „Gib der Frau den Keller sonst werden wir sie nie los..“ Also die „Saisonware“ wandert rauf und runter, jetzt ist die Sommer-Saisonware im Keller. und meine Kammer atmet tief Luft ein.

Aber warum ist es so schwer eine sinnvolle Ordnung hinzukriegen – ja, okey, es ist alles zu wenig und eng und wieviele Ordnungsdinge habe ich nicht beim Amazon gekauft, die sinnvoll wirken aber nachher absolute Sch….e ist. Und immer wieder falle ich auf die chinesische Werbung ein und denke, wann lerne ich endlich, dass das alles Mist ist.. Und dann schaue ich die Bilder im Ikea-Katalog an und träume von der Ordnung, alle Schuhe nach Farbe, Kravatten (für den Bedarf..) schön gerollt und auch farblich geordnet. ABER MERK DIR DAS – DAS IST NICHT REAL LIFE!!!!

Und der Erfolg meiner Umräumerei ist – ich finde nichts mehr… vielleicht habe ich es auch vor Wut oder aus Versehen weggeworfen…

Der erste Schnee..

wobei ich nicht sicher bin ob es vielleicht nur Frost ist, aber was soll´s – der Schnee gibt mir ein Mini-mini-mini-Gefühl von meiner Heimat.

Ausflug ins Krankenhaus

Letztens habe ich einen kleinen Ausflug in die Charité gemacht. Dass ich auch die falsche Charité aussuchte war meine Dusseligkeit und das bedeutete: Taxi in das andere Ende von Berlin, um dort pünktlich zu sein. Das hätte ich mir auch sparen können – d.h. EUR 40,00 für das Taxi – denn ich sass dann 5 Stunden im Gang und wartete darauf, dass mein Zimmer frei wurde. Hatte also schon alles schön gepackt denn als Kassenpatient muss man ja alles dabei haben, alles von Seife bis Handtücher. Sah also nach einer kleinen Urlaubsreise aus – so gepäckmässig gesehen..

Ich wartete und wartete Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag, aber da sich nichts tat, dachte ich, ich setze mich lieber in den Gang und kann jeden Arzt,der vorbeihuscht und spannende Diagnosen in der Taschen hat, stoppen. Die Ärzte, die alle wie Konfirmanden aussahen, hassten mich, murmelten etwas und waren weg und versuchten, andere Wege zu laufen damit sie nicht an mir vorbeigehen mussten..

Es war also schier unmöglich zwei Untersuchungen zu kombinieren. Zuerst müssen sie meinen Defibrillator ausschalten, dann ins MRT, denn wenn sie das nicht machen, klebe ich wahrscheinlich an die MRT-Maschine, soll ja magnetisch sein, jedenfalls sagt der Name das, um dann danach meinen Lebensretter wieder einzuschalten. Also zwei Fachrichtungen und das ist schon recht gewagt.. Ich las meinen Krimi im Gang, stoppte jeden Konfirmanden und fragte: „WANN????„, Murmel, murmel als Antwort. Ich habe jedem gesagt, dass ich am Freitag nach Hause gehe, denn jeder Mensch weiss ja, dass am Wochenende im Krankenhaus tote Hose ist, es sei denn Du kriegst einen Strok oder was anderes Spannandes..

Die Woche verging, Dienstag bis Freitag. Freitag noch einmal verkündet: Ich gehe heute Mittag nach Hause!! Interessierte keinen Menschen. Packte meine Tasche, der Krimi war alle und fuhr nach Hause und dachte, die können mir mal und rufe am Montag die Krankenkasse an und frage, wie sie das finden. Kein Wunder dass die Kassen so viel kosten, wenn man auf deren Kosten im Krankenhaus Urlaub machen kann.

Im Wartezimmer des Todes

Nee, ich bin nicht depri oder down aber als ich heute Mittag die Rollatorkaravanen zum Mittagessen sah, fiel mir ein, dass wir ja eigentlich im Wartezimmer des Todes wohnen. Und ok – eins ist hier im Leben sicher, sterben tun wir alla, egal ob es ansonsten nicht viel Gerechtigkeit gibt, ob arm oder reich, ob krank oder gesund, eins ist sicher – sterben tun wir alle. Klar, wenn ich in meiner gewohnten Wohnung wohne kommt mir der Gedanke wahrscheinlich nicht, aber hier kann einem schon der Gedanke kommen und wenn ich die Besichtigungsgruppen sehe, die sich für das Haus hier interessieren, denke ich „your are the nex one..“ und wenn der polnische Kleinlaster diskret hinter dem Haus parkt und die Möbel hinaus und nicht hineingetragen werden – dann weiss ich, dass jetzt jemand das Wartezimmer verlassen hat..