Es ist Sonntag, es liegt eine schläfrige Ruhe über das Haus – wobei wir ja von Mo-Sa auch keine Verpflichtungen mehr haben aber es sitzt irgendwie noch im Rückrad… Und ich bin in Erwartung zwei meiner Töchter, d.h. eine „echte“ Tochter und eine „geliehene“ Tochter (die Mutter dieses reizenden Wesens ist einverstanden, ansonsten wildere ich nicht in anderen Familien, nee). Die beiden sind Freundinnen und meine grosse Freude. Als ich so schwer krank war, haben die beiden sich abgewechselt, um mir zu helfen. Das wärmt ein altes fragiles (psychisch und fysisch, jawohll) Mutterherz. Da meine Herzkinder auch normalerweise Familie und Arbeit haben, sehen wir uns nicht so oft, und um so glücklicher bin ich heute. Ach was wäre das Leben ohne Kinder?? Für mich undenkbar..
Vor einigen Tagen war es wieder so weit: ich räumte nach einem sehr netten Besuch die Sachen vom Balkon, laufe mit der Wasserkaraffe in der rechten Hand und gehe ich in Richtung Küche (oder das was eine minimalistische Küche ist..) und stürzte nach vorne wie die morsche Kiefer in der Brandenburgischen Erde, schlage den Kopf gegen die Bettkante und die Karaffe in der rechten Hand geht natürlich in tausend Scherben kaputt und mit dem Druck auf einer Glasscherbe gelingt es mir, den Daumen fast abzuschneiden. – aber nur fast.. Als Blutverdünnermensch blute ich wie ein Schwein und halte mehrere Handtücher um meinen Kopf und Hand. Ich fahre runter in die Pflegeabteilung, um zu fragen, ob sie der Meinung sind, dass es genäht werden muss und man schaut sich die Wunde an, sagt, oh, ah, oh weie und beobachtet interessiert den nackten Knochen, den man sehen kann – igitt -, und sagt dass es unbedingt genäht werden muss und ehe ich protestieren kann, wird der Krankenwagen gerufen, ich protestiere und sage ich kann doch ein Taxi nehmen, da wir tagtäglich in der Presse hören dürfen, wie überlastet der Rettungsdienst ist und die kleine Oma möchte die feschen Jungs und Mädels nicht unnötig stören.
Im Krankenhaus warte ich 8 Stunden. Sitze auf einem äusserst ungastlichen harten Holzstuhl und schiele neidisch zu den Bahren, auf denen die anderen liegen dürfen. Hätte gern ein kleines Nickerchen gemacht. Das Nähen war nicht schlimm, die Betäubung war um so schlimmer und dass die Nase gebrochen ist, das kehre ich gerne unter den Teppich.
Ich lasse ein Taxi rufen um nach Hause zu fahren und obwohl ich 177 gross bin und einige Kilos zu viel habe, sieht der Fahrer mich nicht . Ja, ja, ich weiss, Frauen über 40 werden nicht mehr gesehen aber ich wedele wie eine Mühle. Dann sieht er mich doch, lädt mich ein, vergisst meine Tasche, anhalten, zurück. Dann wird seine Brillen gesucht, alle Fächer auf und zu, der zu den Jahren gekommene Fahrer hat ganz klar meine Altersgrenze überschritten, aber findet Gott sei Dank die Brille am Ende, setzt sie drauf und macht einen heftigen Start in die dunkle Nacht. An der Scheibe zwischen Fahrer und Passagiere hängt ein riesengrosses Schild von einem Rechtsanwalt, der Werbung für sich macht – spezialisiert auf Verkehrsunfälle.. Gut so wissen, so wie der Fahrer fährt.. Ende gut – alles gut..
ps. ich bin zu Hause angekommen aber frage mich, ob es nicht eine Atersgrenze für Taxifahrer geben sollte..
Am letzten Wochenende hatten wir hier Open House und ich sass auf der Terrasse och genoss es hier schon angekommen zu sein und schaute mir die Völkerwanderung an. Ein Mann setzt sich zu mir – kommentarlos – ich denke Frau sollte glücklich sein, die „Auserwählte“ zu sein, oder? Er begann sofort mich vollzuquatschen. Ich kenne das: nach meiner Scheidung habe ich einige Männer getroffen und das Muster war überall gleich. Bahn frei für seinen Monolog. Dieser Herr ebenso, in kürzester Zeit wusste ich alles über sein Wohnverhältnis, über seine Krankheiten – okey, ich hätte auch etwas beitragen können, aber dazu kam ich nicht – und über die Welt an sich. Ich bin ja eigentlich wohlerzogen und konfliktscheu – ja, ich weiss, das glaubt man nicht manchmal, sorry – aber ich habe ihn dann auf den Pott gesetzt und ihm gesagt, was wir Frauen von Männern halten, die glauben, dass sie die Weisheit des Lebens mit Riesenlöffeln gefüttert haben und dass wir nur dazu da sind, um „ah“ und „oh“ vor Bewunderung zwischendurch zu säuseln. Ach war das ein schönes Gefühl – könnte ich öfters haben.. Ausserdem hatte er einen fusseligen Bart und eine Anglerweste an – so nenne ich diese beigefarbenen Rentnerwesten mit 5000 Taschen, die ältere Herren allzu gerne tragen – und wer findet so einen anziehend.. Nee, da bleibe ich lieber alleine und mir bleibt der Monolog erspart!
Also gut, ich werde aufhören über das Essen zu meckern – oder wenigstens gebe ich mir Mühe – denn eine mir sehr liebe aber auch sehr strenge Freundin hat mir aufgetragen, entweder selbst zu kochen, wenn es mir nicht schmeckt – Herr gib mir Mässigung, ich habe meine Leben lang gekocht nu isses aber Schluss – oder die Schnauze zu halten. Liebe Solweig, ich versuche es Dir zu versprechen und habe Dich ganz doll lieb:-) Heute kam der neue Küchenchef und erkundigte sich, ob es uns gemundet hätte und heute war es wirklich gut so dass wir einen glücklichen Küchenchef wieder in die Küche schicken konnten. Vielleicht gibt es doch Hoffnung?
Ansonsten rollen wir unsere Rollatoren hin und zurück, sagen höflichst 100 x am Tag Guten Morgen, Guten Tag, Guten Abend und Gott sei Dank ist das Wort
MAHLZEIT
hier nicht erwünscht.. Wir sind ja nicht in der Kantine beim Bürgeramt, oder? Wenn ich sehe wie schwach und zerbrechlich manche sind, kommen mir doch dunkle Gedanken. Wie wird es enden? Ich würde mir so gerne so einen Tod wie in Stockholm wünschen, als ich beim Leckeressen einen Herzstillstand hatte. Nein, mein geliebtes Enkelkind wenn Du das hier liest, mormor hat es NICHT vor, ich muss doch sehen was Du noch im Leben so anstellst. Versprochen!! Ansonsten enden wir eher unter der Hitze – heute ist wieder so ein heisser Tag und wir warten auf die Kälte. Ich habe schwere Bedenken was meine Winterkleidung angeht – ich habe hier fürchterlich zugenommen und wenn Ihr eine Frau wie das Michelinmännchen auf der Strasse seht, das bin icke!!
Ich hätte gestern den Küchenchef abknutschen können, als wir gestern bei 35 Grad (gefühlt wie 60 Grad..) zur Auswahl auch eine kalte Gaspachosuppe bekamen – geht doch! Meine Euphorie wurde danach etwas gedämpft, es folgten kleine bleiche Hasenknöttel die in der Konsistenz schwer an Sägespänen erinnerten. Ich weiss, das war lieb und gut gemeint, aber das tut mir weh, denn ich habe gelernt, wie toll man fleischlos kochen kann. Nun gut, ich habe die Knöttel zur Seite geschoben und eine doppelte Portion gekochte Morrüben bekommen – ist ja auch gut und ausserdem gut für die Nachtsicht – prima!
Liebe Gudrun, irgendwie ist es doch absurd, dass ich von so vielen Frauen höre, dass sie als Singel glücklicher sind,…