Jetzt wird hier im Altersheim schwer dekoriert und die Hausgeister schmücken alles sehr schön. Am Dienstag wird traditionell die Weihnachtszeit eingeweit, in dem in einer fetten Tanne vor dem Haus, die Lichter angemacht werden, dazu wird Glühwein getrunken und die nicht wegdenkbare Grillwurst gegessen – (und wir nicht Fleischesser? Wahrscheinlich eine ekelhafte Sojawurst mit der sie uns „beglücken“ wollen) -, der Boss hält eine Rede (er hält sehr gerne und lange Reden), ein Mann, den sie zu Weihnachten hervorzaubern, spielt Trompete und wir nehmen sicherheitshalber noch ein Glühwein extra.
Aber in diesem Jahr wird es etwas extra, weil ich meinen Mund nicht halten konnte – es kommt die Lichterkönigin von der schwedischen Kirche und hoffe nur, dass es nicht regnet oder so windig ist, dass die Kerzen ausgehen und denke, dass die Anwesenden sich fragen werden , warum wir auch Klu-Klux-Klan eingeladen haben, denn zu einem Luciazug gehören die Sternenknaben mit ihren speziellen Mützen. Gendern ist überhaupt lebensnotwendig hier in Berlin und bin froh, dass wir ein Paar männliche Wesen vorführen können. Fast alle kennen die „Lichterkönigin“ hier in Berlin, denn die Berliner lieben Schweden – okey Norweger, Dänen und Finnen vielleicht auch, aber WIR hatten Astrid Lindgren! Pah!! Das machen die anderen uns nicht nach!
Ja entweder gibt es Top oder Flopp – lasst uns auf Top hoffen – und grosser Dank an Sofia, unsere Kantorin, die sich die Mühe macht uns (oder mich?) glücklich zu machen, denn die Sachen, die ich bis jetzt hier als „Highlight“ vorgeschlagen habe, wurden ja sofort in die Tonne gekloppt ,aber dieses mal können sie wohl nicht das Argument nr. 1 „Wer ist verantwortlich, wenn ein Unglück passiert?“ oder keiner kann wohl Angst haben, dass seine Integritet im Internet verletzt wird = Argument Nr. 2.
Ach, es tut so weh zu merken dass mein Körper und mein Gehrin/Wille nicht mehr mit einander zusammenarbeiten. Der Körper mach schlapp aber der Wille ist leider noch da. Hey, so haben wir nicht gewettet! Gestern war die grosse Mauerfeier. Ich kann mich noch an die Feier davor erinnern, sie hatten längs der Mauer Lampen installiert, die dann nach und nach, Stück, für Stück ausgingen und man den Mauerverlauf nicht mehr sehen konnte und ich stand dort und heulte vor Rührung.
Ich wäre so gerne auch dieses Mal dabei gewesen, es sollte ein besonderes Konzert längs der Mauer stattfinden, andere tolle Sachen waren geplant. Gut, es wäre sicher voll und stockdunkel (isses immer in Berlin..) aber ich habe ja meine Mordwaffe, den Rollator, mit dem ich die meisten aus den Weg scheuche – oder über/anfahre – verdammte Rentnerin! Aber diejenigen, die die Bürgersteige in Ostberlin kennen, wissen wovon ich rede: Entweder sind plötliche „kleine“ Berge/Kanten vorhanden oder tiefe Löcher, Eintritt zur Hölle. Ich wollte nicht schon wieder auf der Intensivstation landen und blieb brav zu Hause, sah das alles im Fernsehen und heulte so still vor mich hin. Teils aus Rührung über den Mauerfall, teil aus Selbstmitleid weil Körper und Wille den gegenseitigen Dienst gekündigt haben.
Glaub gar nicht, dass Du Dich mit 80 Jahren zurücklehnen und anderen dabei zuschauen kannst, wie sie durch das Leben und alle „Muss“ stressen. Sass im Bus mit meinem roten Rollator. Mir gegenüber sass eine andere ältere Tante, auch mit so einem roten Rollator. Wir schauten uns unsere Rollatoren und uns gegenseitig an und nickten und dann rief sie zu mir rüber: „Aber Sie sind ja noch so jung!“ Ich zurückgerufen: „Das ist relativ, 80 ist ja nicht mehr so ganz taufrisch“ Aber dann kam es – sie rief stolz zurück, dass sie 89 Jahre alt sei – so that´s it..
Vielleicht erinnert Ihr Euch daran, dass ich jetzt stattliche 80 Jahre alt geworden bin – also wenn ihr mich fragt, darauf hätte ich niemals gewettet und die Tanten hier im Altersheim verkündeten mir freudenstrahlend, dass „es danach steil abwärts geht“. Ha, dachte ich, das passiert mir doch nicht.
Aber da habe ich wohl etwas zu früh gejubelt. Hochmut kommt vor dem Fall.. Ich werde etwas verreisen, nur 3 Tage, um einem Enkelkind – das nie nach Schweden kommt, weil die Eltern eher südlich sind – und mit dieser Schande, dass das Kind meine Heimat nie gesehen hat, wollte ich nicht anfangen, an den Sargdeckel zu denken, also nun fliegen wir los.
Wir bleiben nur 3 Nächte in Stockholm denn Hotelübernachtungen sind nur was für Herrn Musk oder andere betuchte Menschen. Normale popeliga Jugendherbergen kosten so viel wie 4 Sternehotels in Berlin – also schnuppern wir nur ein bisschen an meine Heimat. Und das ist ja alles ok, wenn man nicht überall – wirklich überall – erst einmal einchecken muss. Vielleicht wenn man ein WC unterwegs braucht? Erinnere mich daran, dass ich einmal irre dringend – und dann ist es echt dringend – musste und endlich ein WC fand, zu dem Frau aber nur mit Kreditkarte – MIT PIN – Zutritt hätte!! Herr, ich weiss doch nicht welchen Pin meine Kreditkarte hat und ich musste sowas von dringend…
Man kann nicht einfach an den Tresen – falls sowas old fashion vorhanden ist – herantreten mit einem Verbeugen oder Knicks sagen, dass man nun angekommen sei. Oh nein, es müssen Fenster aufgemacht werden – am PC, logo- und dann muss man tausend Fragen beantworten und Knöpfe drücken und nur die richtigen Knöpfe drücken, ansonsten löst sich alles im Cyberhimmel auf und nix ist mit Flug oder Hotel. Ich hoffe nur, dass ich alle richtigen Knöpfte gedrückt habe und habe es sogar geschafft, die Papiere auszudrucken, denn ich bin so alt, dass ich gerne ein Blatt in der Hand habe wenn ich versuche die Trutzburg Flughafen zu entern. Was wäre, wenn mein Telefon plötzlich schlapp macht? Nix mit fliegen.. Aber das Enkelkind gehört ja zu der Generation Internet und wird mich wohl retten, also hoffe ich dass wir nach Stockholm kommen – und zurück, denn ansonsten kriege ich Ärger mit den Eltern.
Als ich – ich versuchte es jedenfalls freundlich (ich weiss, es ist nicht meine Stärke..) – die Reinigungskraft darum bat, auch unter dem Bett – bis zur Wand, oh weh.. – staubzusaugen kam ein recht unfreundliches „ich werde mich jedenfalls nicht auf die Knie legen“ und wie gesagt, wenn Blicke töten könnten, wäre ich schon skelletiert. Also nächster Step: die Überordnete anrufen und fragen, ob man bei 9 cm hohen Bettfüssen keine Reinigung bekommt..
Liebe Gudrun, irgendwie ist es doch absurd, dass ich von so vielen Frauen höre, dass sie als Singel glücklicher sind,…