Ja es ist kaum zu glauben aber ENDLICH tragen klitzekleine Bemühungen etwas Früchte! Wir (die kleine oppositionelle Gruppe) haben/hat ja immer darüber gemosert, dass das Haus nach dem Abendbrot wie ausgestorben ist. Ja ich weiss, wir sind schwer alt und müde aber so ein Stündchen könnte man doch vielleicht sozial und wach sein, oder? Jetzt ist es so weit – im Eingangsbereich, nennt sich Foayer, stellen die netten Damen aus der Rezeption verschiedene Getränke zur Verfügung und das ganze soll ganz unkompliziert sein. Also habe heute versucht Teilnehmer zusammenzutrommeln, muss ja nicht den ganzen Abend sein aber wenn wir jetzt nicht Präzens zeigen wird das ganze Projekt wieder eingetütet, wahrscheinlich mit der Bemerkung“.. haben wir doch gleich gesagt..“. Also heute Abend AUF ZUM KAMPF an der Bar – danach kann ja das Sofa einspringen..
Ja was ist denn das? Ich wusste es auch bis vor einer Woche nicht – ich habe ja seit meinem Herzstillstand einen „privaten“ Defilbrillator „to go“. Das bedeutet, dass diese kleine Maschine den Job meines Herzens im Notfall übernimmt. Letzten Sonntag hatte ich Kirchendienst und wir waren alle bei der Segnung als ich dachte, dass ein elektrisches Pferd gegen meine Brust tritt. Ich hatte es ja bis jetzt nicht erlebt aber verstand sofort, dass der Defi den Job, den das Herz unter normalen Umständen so fleissig macht, übernommen hat. Ich konnte mich noch hinsetzen und wurde von wunderbaren Menschen hinausbegleitet und dort hat das Pferd noch einmal nachgetreten, d.h. das Herz wollte zwei mal den Geist aufgeben und entschuldigung, aber ich sitze in DER KIRCHE UND DORT PASSIERT ES!!! Wie soll ich das nun verstehen? Könnte man hier von Strafe Gottes reden? Naja, das lassen wir so stehen aber es war ein echt fieses Gefühl, Elektrizität so dass der ganze Körper zuckt und ein nerviges Pferd, das gegen meine Brust tritt? Die Blumen sind tränendes Herz und die Herzen sind noch völlig ok- Neid, Neid, Neid und Du altes Pferd – GIB RUHE!!
Bei uns – und vielleicht in allen Altersheimen – herrscht die absolut totale Panik davor, das Wort TOD auszusprechen!! Und dabei wissen wir doch alle, dass wir nur mit den Füssen zuerst hier rauskommen, oder- es sei denn, ich kann eines Tages die Miete nicht bezahlen, dann komme ich mit dem Kopf zuerst raus (und lande bei der Wohnungsnot in Berlin unter einer Brücke – super Vorstellung…) Ich jedenfalls möchte gerne Klarheit haben und bin schon seit vielen Jahren, seit meiner ersten Krebserkrankung (denn damals war ich sicher, dass ich hingerafft werde..), Mitglied einer Gesellschaft, die über den freiwilligen Tod informiert. Und vor einiger Zeit habe ich mit grossem Erstaunen festgestellt, dass über den assistierten Freitod (hört sich für viele Leute scheinbar besser an als Selbstmord = Eigenbetrug aber mir wurscht) so gut wie überhaupt nicht aufgeklärt wird – ist absolut pfui- , denn die meisten wissen nicht, dass das in Deutschland möglich ist. Liebe Schweiz – ihr habt jetzt viiiel Kundschaft verloren! Ich gehörte bis vor einem Jahr zu diesen Ungläubigen.
Jetzt bin ich aufgeklärt und beruhigt, denn solange ich nicht dement bin, kann ich selbst entscheiden und ein Arzt und ein Jurist (Bürokratie bis zum letzten Atemzug..jawolll) treten hier an und schwupps ist die Sache erledigt. Ich muss nur die Infusion selbst öffnen können und muss mich nicht vor der S-Bahn oder von der Brücke werfen – macht eh nur Schweinerei – , mich nicht zu Tode hungern (würde bei mir eh niemals klappen..) sondern fein säuberlich einfach einschlafen. Ist das nicht wunderbar? Einziges Problem ist es, den Kindern meinen Wunsch klar zu machen, sie finden das wohl teilweise nicht so toll, aber was nützt ihnen eine alte Oma, die nur im Sessel sitzt und gaga ist und darf man bei 80+ nicht mal ein bisschen müde sein?
Nun jedenfalls gehe ich jetzt auf die Barrikaden und möchte hier bei uns über diese neue Gesetzeslage informieren, denn vielleicht hockt noch irgendwo jemand, der/die diesen Weg lieber wählen würde als den ganzen Tag in der Pflegeabteilung schlafend am Esstisch zu sitzen. Aber wir sind noch nicht so weit ,dass diese Informationen verteilt werden aber manchmal bin ich doch nicht abzuwimmeln – mal sehen, wie es ausgeht..
Endlich ist es so weit – die Sonne kommt so hoch, dass ich meine geliebten Ölbilder vor der Sonne schützen muss!! Endlich!! Bis jetzt kam die Sonne nicht so hoch und jetzt kann ich die etwas empfindliche Nachbarin morgens früh damit terrorisieren, dass ich die Markise – per Knopfdruck, habe ich von der Vorgängerin geerbt.. – runterlasse und das rattert nun mal etwas aber für meine Uropas/Uromas pfeiffe ich auf die Nachbarin. Sonne, wo warst Du so lange, ich habe Dich so vermisst ?!?!?
Da bin ich wieder – war einige Tage mit einer Tochter in unserem absoluten Lieblingshotel
und sage nur: GIB MIR EIN LEBEN IM LUXUS! Oder wie ein kluger Mensch sagte: Es ist schöner in einem Bentley zu heulen als in einem Bus. Wie wahr und so wie die Busse hier in Berlin fahren, bekomme ich das Heulen über die verlorenen Rennfahrerträume, die viele Busfahrer hier in Berlin haben, und dem entsprechend fahren..
Nun jedenfalls zurück im Altersheim und bereite mich auf einen Besuch von aller liebsten Freunden vor und wollte einen Quiche machen. Na und? Na in meiner Mini-Mini-Küche ist das ein Abenteuer aber so schnell gebe ich nicht auf.. Also sass ich hier und überlegte, was ich so kaufen muss und bei meinem frischen Dill kam die Sehnsucht nach meinem alten Kiez auf. Hier in Zehlendorf kann man in den feinen Supermärkten zwar Dill kaufen, aber entweder gefroren, den Du in die Tonne klopfen kannst, und frisch? Gibt es auch in Folie verpackt und sieht sehr, sehr traurig aus – und schmeckt dem entsprechend. Im feinen Zehlendorf ist wohl Dill nicht so gefragt. In diesen Momenten habe ich Heimweh nach meinem alten Chaotenkiez.. Da gab es an jeder Ecke einen türkischen Laden mit einem Meer aus frischem Dill, Petersielie, Koriander, Minze und sonst was. Ach ja, wir werden das hier auch wuppen, aber ein bisschen Heimweh habe ich doch manchmal..
Es ist solch ein Glück, wieder dabei sein zu dürfen, denn es ist ja sooo lange her, dass die eigenen Töchter in dem Alter waren, und damals hatte ich keine Zeit, sie ständig zu beobachten, sondern es galt, Life-Balance mit Kindern/Arbeit/Ehemann hinzukriegen und ich kann jetzt die neue Generation genussvoll beobachten, wenn sie dabei sind, die Erwachsenenwelt zu entern. Jetzt ist nicht mehr Puzzle, Mandala, Keksebacken gefragft, sondern jetzt geht es darum zuzuhören, wenn sie von ihrem Leben in der fast-Erwachsenenwelt erzählen. Plötlich tauchen jungen Männer/Frauen in deren Telefone auf und dann kommen die Fragen „Wie findest du X?“ und ich verstehe dass X zur Zeit Favorit ist aber Y sieht ja auch süss aus und Z auch.. Wer die Wahl hat, hat die Qual.. Und jetzt sind sie in der Weltgeschichte unterwegs, fliegen alleine von hinnen nach dannen. Sind alle lieb zu ihnen? Schaffen sie das alles? Aber Glück ist wenn Du im Cafe sitzt und Du einen müden Kopf auf Deiner Schulter spürst und eine kleine Hand kommt angekrochen – das ist Glück – und denke darüber nach, dass aus mir vielleicht auch Mensch geworden wäre, wenn meine Großeltern überhaupt gemerkt hätten, dass sie Enkelkinder hatten, aber nu isses so wie es iss und ich geniesse meine Enkelkinder so sehr. Danke an meine wunderbaren Töchter, das habt ihr super gemacht. Liebe Euch so sehr! Bild Sophie Herken
Mechtild, du bist wunderbar!!