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Grrr..

Eigentlich kann ich ja froh sein, dass mir eine selbst auferlegte Aufgabe entnommen wurde (kann es doch nicht lassen..) aber ich merke, dass ich mich äääärgere..grrr..

Was los? Habe von vielen betagten Damen (Herren sind hier in der absoluten Minderzahl) gehört, dass sie zugeben, dass sie sich einsam fühlen, nicht so viele Kontakte haben und deshalb ist ja auch Abends hier absolut tote Hose – als würden wir schon ein bisschen üben tot zu sein.. Nach dem Abendessen wird sofort in das eigene Appartment gewandert (eine lange Rollatorkaravane..) und ferngesehen. Unten in den „Gesellschaftsräumen“ herrscht Totenstille.

Deswegen machte ich den Vorschlag, dass wir vielleicht einmal monatlich einen Abend anbieten, an dem man sich kennenlernen kann, quatschen sozusagen. Gesagt, getan, Text ausgearbeitet aber ach, ich stolperte schon beim Vorwächter vom BIG BOSS (unseres Hauses). Nein also, in dem vorgeschlagenen Raum ginge es nun wirklich nicht sondern wir müssten im Eingangsbereich sitzen, dort wo die Tür auf und zugeht, irgendwelche verwegene Nachtwanderer kommen oder gehen. Supergemütlich..

Begründung:

a) die Tische sind zu empfindlich, was ist wenn jemand vielleicht eine Bierflasche mitbringt? Je oller um so doller..Wage nicht mal daran zu denken..

Vorschlag: Bei Kindern und alten Leuten sollte man mehr auf Haltbarkeit als auf Schönheit achten. z.B. der fast weisse Teppichboden in allen Apparments, nix für ein altes zitterndes Händchen mit einem Glas Rotwein

b) über dem Gesellschaftsraum (war also schon beim Bauen geplant, dass wir alle ab 18 Uhri n unseren Bettchen liegen?) würde ja jemand wohnen (wir hören ja schon nicht mehr so super, gilt aber nicht) und von 19-21 Uhr ist ja eigentlich keine Mitternachtszeit. Sogar die Polizei erlaubt es uns bis 22 Uhr Krach zu machen..

c) Räume werden prinzipiell nicht zur Verfügung gestellt. Wozu haben sie die Räume? Showräume um Interessenten zu zeigen? An dem Märchen habe ich auch geglaubt..

Ach wäre es schön einen schönen und gemütlichen Raum zu haben, in dem es abends erlaubt ist sich zu treffen und wo die ganz Verwegenen vielleicht ein Bierchen trinken dürfen. Nein ist nicht vorgesehn – husch, husch ins Bettchen und schön still sein..

Ich bin sauer! Und ich kann nachtragend wie ein Elefant sein..

Es wird wieder..

Inzwischen ziehe ich die Vorhänge nachts nicht vor da draussen sowieso nur eine graue Grütze ist. Ich liebe es morgens im Bett zu liegen und zuzuschauen, wie die wunderbare Sonne – erstaunlich schnell – aus irgendwo hochkommt (wenn sie überhaupt hochkommt) und sehr schnell rotgelb und rund ist. Die Sonne wandert so langsam weiter und bald ist es so hell, dass ich meine Vorhänge doch entstauben muss, ansonsten strahlt die Sonne direktamang in meinen Augen.

Hier ist alles ansonsten ok – wir haben ein „Küchentreffen“ gehabt, bei dem unsere kleine unbedeutende Arbeitsgruppe unsere Klagen und Vorschläge vorbrachte. Es war erstaunlich voll und als wir uns vorstellten, wurden wir zuerst mit Entrüstung empfangen („Was? Wieso? Warum wissen wir nichts davon? was soll das?) und bei unseren Verbesserungsvorschlägen schallte uns eine Wand von „oh nein, alles ist wunderbar“ entgegen. Da der oberste Indianer dabei war, haben die meisten sich wohl nicht getraut ihre Beschwerden hervorzubringen… Hätte sie gerne beruhigt, dass man nicht gleich vor der Tür gesetzt wird, wenn man etwas zu meckern hat.. (hoffe ich jedenfalls..) vielleicht aber etwas kurz angebunden begrüsst wird.. aber was soll´s? Und dass sie Beschwerden haben, das hört man jeden Tag, aber irgendwie sind wir in der Gruppe in deren Augen wohl noch Revoluzzer. Was mich auch wahnsinnig gemacht hat, ist dass diese hochbetagten Ladies scheinbar nicht gelernt haben, wie und dass man sich meldet und nicht unterbricht und dass nicht alle gleichzeitig kreuz und quer reden. Das hat mich fast wahnsinnig gemacht – wie wäre es mit einer Wortmeldung meine Ladies? Naja, jedenfalls haben wir wohl an Popularitet ordentlich verloren, aber das iss mir sowas von egal – ich WILL besseres Essen haben – vor allem, so ganz umsonst wohnen wir ja hier nicht.. (Bild Sophie Herken „Der kleine Floh“)

Etwas Up-Date

Sorry, wenn ich Euch mit der Diagnose, die die entzückenden Krankenausärzte mir mitgaben, erschreckt habe (ich sage es ja: man kann sich auf nichts mehr hier im Leben verlassen..). Dort waren sie zu dritt der Meinung, dass ich eben eine „maligne Raumforderung“ habe (also jetzt hätte vielleicht.) und wenn ich nicht eine treue Zuschauerin bei der Sendung „die Jungen Ärzte“ wäre, hätte ich auch nicht gewusst, was das bedeutet. Ist ein etwas netteres Wort für Krebs. Aber gestern war ich bei meinem Onkologen und er schaute sich meinen lilafarbenen Abdomen (Bauch und sowas..) sehr ernst und traurig an und meinte, dass ich zur Zeit unter keinen Umständen Schlägen ausgesetzt werden und vor allem, nicht auf den Kopf fallen darf. Das hat der Kopf gar nicht gerne.. Das ist ja – leider – eigentlich meine Spezialität so jetzt muss ich mich beim Laufen konzentrieren. Jedenfalls würden Stürze und Schläge sehr ernsthafte innere Blutungen verursachen und noch mehr lila möchte ich nicht werden.. Jetzt spucke ich in die Hände und weiter geht es, morgen CT im Krankenhaus und nächste Woche den süssen Onkologen (nenne ihn nur mein Onki) wieder damit er nun endlich sich entscheiden kann, Krebs ja? nein? Gerinnungsstörung ja? nein? Was anderes Spannendes? Ja? Nein?Ich hoffe, er schaut mich nicht mehr so traurig dann an.

Als eine extra kleine Herausforderung streikt die S-Bahn und Deutschlands Bauern blockieren die Strassen und man muss mit viel Geschick sich durch diese (inzwischen echte) Großstadt bewegen. Dann steht man da und wartet auf den Bus, der nicht streikt und dementsprechend voll ist, der Bus kommt und man sieht schon von weitem wie vollgepackt er ist, die Wände biegen sich nach aussen so dass die kleine Oma weiss, dass sie den Rollator etwas durch die Tür schieben muss – und ein Fuss dazu, also kann er jetzt nicht die Tür zumachen denn wie sieht es aus, wenn die kleine Oma halb gequetscht wird.. Sieht ja sehr unschön aus und ist einer behinderten Oma gegenüber äußerst unhöflich.. Was? Ich und drängeln?? NIEMALS…

Mein Modewort des Jahres

Heute Nacht konnte ich nicht sitzen, nicht liegen, es war nur ein Gestöhne und Gejammere bis ich endlich entschloss, doch ins Krankenhaus zu fahren obwohl ich den Kopf nicht unter dem Arm trug.. Die Krankenhäuser hier in der Nähe habe ich schon ”durch” und als vor einer Weile dort aufgenommen wurde, weil einige Untersuchungen gemacht werden sollten und nach 5 Tagen immer noch nichts getan war und ich meine Tasche packte und nach Hause fuhr, habe ich tief ins Geldbeutel gegriffen und bin mit dem Taxi in mein Lieblingskrankenhaus gefahren, das Bundeswehrkrankenhaus, das ziemlich weit weg von mir liegt.

Ich kam sofort ran – oh Wunder – (und wurde auf einer herrlich weichen Liege mit einer kleinen Decke gebettet, ach welche bezaubernde Engel..) und der junge Arzt, der Swiegermuttertraum, untersuchte und untersuchte, schaute auf das Sonobild – mein Gott, dort sieht man ja doch nur Monster und Wolken – seuftze, holte den ersten Kollegen, dann seuftzen beide, holten den dritten Kollegen und dann fiel das Uhrteil und mein Modewort

Maligne Raumforderung..

Ist das nicht ein wunderbares Wort? Hört sich doch wie eine Möbelmarke oder Waschmittel mit Aprilduft an und darunter kann man die kleine fiese maligne Raumforderung gut tarnen, macht alles doch viel einfacher. Jedenfalls bekam ich die Aufforderung zu meinem Onko zu gehen und das tue ich auch und hoffe, dass ich – wie bisher immer – wie das Spiralköpfchen aus der Dose wieder ploppen lassen kann.

Ist das nicht ein wunderbarer Ausdruck für den ganz normalen ollen Krebs? Maligne Raumforderung… Wunderbar, hört sich doch super an. Wie eine Möbemarke oder sanftes Waschmittel mit Aprilduft… Ich hatte ja gedacht, dass ich mit meinem Husten eine Rippe ”zerhustet” hatte, so fühlt es sich an, aber nein, er sah ganz ”spannende” Sachen. Mit der Aufforderung zu meinem Onkologen zu gehen, durfte ich das Etablissement verlassen. Der junge Arzt, ein Schwiegermuttertraum, streichelte mein Bein kurz, seufzte, schaute mir tief in die Augen und wünschte mir alles Gute. So und nun warte ich darauf dass mein niedergelassener Onko sich meldet und mir sagt, ”ach gute Frau Stickler, alles paletti, ist nur eine geprellte Rippe denn man weiss ja, dass das Gebälk mit der Zeit morsch wird.” Mal sehen sagt die Steh-auf-Frau..

Lebe noch!

So da bin ich wieder, lebe noch! Habe mich lange nicht gemeldet, weil ich so viel Arbeit auf dem Tisch hatte und ich gehöre zu den ineffektiven Leuten, die keine Ruhe lassen können, so lange wie da was zu tun ist.

Inzwischen ist Weihnachten ins Heim eingezogen. Unsere Engel in der Rezeption haben das Haus so geschmückt, dass einem das Herz aufgeht. Mir ist schon bange, wie leer es wirken wird, wenn alles wieder weg ist. Es glitzert und leuchtet überall. Es wird gefeiert, Waffeln werden gebacken (riecht allemal besser als der Kohl der heute durch das Haus zog..).

Wir hatten auch eine Weihnachtsfeier, d.h. wir hatten zwei, denn wir müssen in zwei „Mann/Frauschaften“ feiern. Es war wie im Fernsehen auf dem Kreuzfahrschiff, plötzlich geht die Tür auf und wirklich das gesamte Personal – von Gärtner zu den Rezeptionsdamen – marschiert mit den Weihnachtstellern hinein. Der Sekt fliesst und die Damen (wir sind ja zu 80 % Frauen hier) haben sich in den feinstem Kleidern ausgeputzt, glitzernder Schmuck wurde angelegt (wir sind ja schliesslich im „feinen“ Heim..) und ich denke darüber nach, dass ich früher, wenn ich sowas gesehen habe, gedacht habe „mit mir nicht, niemals“ und nun sitze ich doch im Altersheim und schlürfe meinen Sekt – aber ich habe keine Goldketten angelegt und habe auch kein Glitzerkleid Frohe Weihnachten!