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Im Wartezimmer des Todes

Nee, ich bin nicht depri oder down aber als ich heute Mittag die Rollatorkaravanen zum Mittagessen sah, fiel mir ein, dass wir ja eigentlich im Wartezimmer des Todes wohnen. Und ok – eins ist hier im Leben sicher, sterben tun wir alla, egal ob es ansonsten nicht viel Gerechtigkeit gibt, ob arm oder reich, ob krank oder gesund, eins ist sicher – sterben tun wir alle. Klar, wenn ich in meiner gewohnten Wohnung wohne kommt mir der Gedanke wahrscheinlich nicht, aber hier kann einem schon der Gedanke kommen und wenn ich die Besichtigungsgruppen sehe, die sich für das Haus hier interessieren, denke ich „your are the nex one..“ und wenn der polnische Kleinlaster diskret hinter dem Haus parkt und die Möbel hinaus und nicht hineingetragen werden – dann weiss ich, dass jetzt jemand das Wartezimmer verlassen hat..

Sex im Alter..

Man sagt ja, dass Essen der Sex im Alter ist. Dann möchte ich nur kundtun, dass wir hier in diesem Heim garantiert sexlos leben..

Gestern hatte ich mein Top-Erlebnis. Ich als nicht-Fleisch-Esserin (warum muss ich auch so kompliziert sein..) sollte Rote-Beete-Bouletten bekommen. Hörte sich ja gut an, habe ich früher öfters selbst gemacht und hat immer sehr gut geschmeckt. Freudige Erwartung über so viel Kreativität in der Küche. Man stellt mir einen Teller auf den Tisch auf dem 3 kleine, dünne, elendige und TOTAL VERKOHLTE Bouletten liegen. Total schwarz! Möchten sie uns hier im Heim umbringen, weiss doch jedes Kind, dass verbranntes Essen Krebs hervorrufen kann? Ich starrte den Teller an, rief die arme Bedienung ,der es auch peinlich war und die sagt, ja sie hätte es dem Koch auch gesagt, aber hätte geantwortet, dass es so sein muss. Also eine Instanz höher, die Saalchefin zitieren. Sie starrte den Teller an und sagte dass es natürlich nicht so sein darf und man würde in der Küche etwas für mich „zaubern“. Hörte sich vielversprechend an.. Leider hatte ich gerade an dem Tag das Telefon nicht dabei, sonst hätte ich Euch mit einem schönen abschreckenden Foto belohnt..

Was kommt? Ein grosser Teller zu einer Hälfte mit einem Berg Rührei und mit der anderen Hälfte zerkochte Kartoffeln…Nicht mal ein winziges Stück Petersilie oder sowas. ZACK!! Der Teller sah furchterregend aus. Wieder die Saalchefin, die den Teller wohl auch nicht so prickelnd fand und mich mit einem Cappucino abspeisen wollte. Ich habe ihr gesagt, dass wenn dies das Niveau dieses Hauses ist, dann möchte ich eine Mietreduzierung haben, denn das hier ist der Tiefpunkt. Gesagt und gegangen.

Ich fürchte ich habe mich nicht beliebt gemacht aber so lasse ich mich nicht in einem Haus, das sein Niveau immer hervorhebt, behandeln.

Und Schlussfolgerung, wenn kein Sex im Alter dann auch kein Sexersatz = gutes Essen.. Traurig, traurig..

Stressiges Rentnerleben

Irgendwie denkt Frau, dass das Rentnerleben ruhig und so ein bisschen langweilig ist… Wer hat mir diesen Floh ins Ohr gesetzt?! (Wieso sitzt der Floh im Ohr??) Ich habe das Gefühl, dass ich nur noch rotiere und hin- und herrenne aber vielleicht ist das auch gut so. Langweilig ist mir das Leben jedenfalls noch nicht geworden, würde mir manchmal wünschen, dass etwas mehr Ruhe in meinem Leben herrschen würde. Aber ist ja alles SCHÖN und GEWOLLT – wer rastet rostet.. Gestern gab es hier im Altersheim einen Vortrag über Leonardo da Vinci und muss gestehen, dass ich von ihm nicht viel wusste. Klar Mona Lisa und so aber dass er soo genial war und dass er das Glück hatte, als uneheliches Kind von seinem – wichtigen -Vater angenommen zu werden – das alles wusste Frau nicht.. Damals sicherlich keine Selbstverständlichkeit als die Herren noch bei jedem Magd ein Kind hinterliessen.

Die Sensation des Tages – das Mittagessen war richtig gut, was ist dort passiert? Pah!! Und ich habe den Fisch ohne Sosse bekommen – es tun sich Welten auf..

Eigentlich wollte ich wieder ins Fitness-Studio fahren aber ach, draussen ist schon so dunkel, hier drinn brennen die Kerzen und es ist gemütlich. Das einzige nicht Gemütliche ist, dass ich scheinbar ein Chaos in meinem TV hergestellt habe (habe alle Knöpfe ausprobiert und das kommt nicht gut..) und nur mit meinem Ipad schauen kann – und dann und wann stöhnt er auch und gibt seinen Geist auf. Morgen ist der Schwiegersohn dran – ich bete, dass er alles noch richten kann. Obwohl – es tut mir gut nicht so viel Nachrichten zu sehen. Sie machen mir solch eine Angst – nicht so sehr meinetwegen, meine Sanduhr ist eh bald ausgelaufen, aber die Kinder und die Enkelkinder? Wie soll es für sie werden…In solchen Zeiten falle ich doch leicht von meinem Glauben ab – warum darf das alles passieren??

Die Rollatorkaravane

Da wir hier rund 400 „Bewohner“ sind, essen wir in zwei Schichten. Man muss nicht Mittag essen hier – manchmal denke ich, ich sollte auch damit aufhören, da das Essen echt kein High-Light ist, aber nach 50 Jahren für die Familie kochen, nehme ich alles in Kauf um nicht kochen zu müssen (und dazu in der minimalistischen Küche..puh..) Jedenfalls esse ich in der zweiten Schicht und das bedeutet, dass wenn ich zum Restaurant gehe, kommt mir eine Rollatorkaravane entgegen. Jetzt wird Mittagsschläfchen gehalten.

Wir müssen nicht Mittag essen aber wenn man sich dafür entscheidet und sich nicht abmeldet wenn man nicht da ist, wird jemand in die Wohnung geschickt um nachzusehen, ob man dort tot auf dem Fussboden liegt. Finde ich ein netter Gedanke – wenigstens einmal am Tag wird kontrolliert, ob ich lebe oder schon tot bin. Jedenfalls auf dem Weg zum Restaurant sagt man cirka 100 x „Guten Tag“ und lächelt. Das finde ich auch ganz nett – wir sehen einander. Klar, gibt es auch Muffköppe die einfach vorbeisegeln – naja, in unserem Alter wird nicht mehr so richtig vorbeigesegelt sondern ehe vorbeigetapert – und die merke ich mir, und lächele noch doller und sage noch freundlicher „Guten Tag“ um sie aus ihrer Muffköppigkeit zu locken – aus mir ist eine entsetzliche Rechthaberin wohl geworden… GUUUUUTEN TAG!!!!!!!!!

Sonntagsunglück

Gestern war ja Nationalfeiertag und der Speisesaal war festlich geschmückt. Meine Erwartung an leckerem Essen stieg. Ich sah die anderen Teller: Sonntagsessen= Braten, Rotkohl, Klösse und Bratensosse. Roch schon mal ganz nett. Mein Teller: 2 Klösse, Rotkohl und Bechaemelsauce (von allen Sossen der Welt – dazu Bechamel – totale Geschmacksverirrung lieber Herr Koch!!). Mir blieb der Appetit fast aus Entsetzem weg. Was für eine Kombination! Wow! Nationaltagsfeiertagsessen einer nicht-Fleisch-Esserin..

Der Speisesaal-Oberindianer machte seine Runde und fragte alle, ob es auch gemundet hätte. Bei meinem Tisch versuchte er eine Abweichung zu machen – wir haben schon öfters mit einander über das Essen „diskutiert“ – aber ich liess nicht locker und habe ihn zitiert und gefragt, was das heute wohl war!! Es folgte etwas über fehlende Zutaten aber kein Wort der Entschuldigung. Das ist das Leben einer nicht-Fleisch-Esserin… mir knurrte der Magen den ganzen Tag. Mal sehen, was es heute wohl gibt..

Nee, ich habe KEIN Foto von dem Teller gemacht, das wollt Ihr wirklich nicht sehen!!